Erkennt meine Katze sich im Spiegel? Das sagt die Forschung

Viele Katzenbesitzer beobachten es irgendwann: Die Katze starrt ins Spiegelbild, miaut oder schlägt sogar mit der Pfote danach. Doch erkennt sie sich wirklich selbst – oder sieht sie darin eine fremde Katze? In diesem Artikel erfährst du, was hinter dem Verhalten am Spiegel steckt, wie du typische Reaktionen richtig deutest – und warum Katzen auf ihre ganz eigene Weise faszinierend sind.
Hast du schon einmal beobachtet, wie deine Katze plötzlich innehält, sich dem Spiegel nähert und das Spiegelbild neugierig mustert? Vielleicht folgt ein zaghafter Pfotenhieb, ein unsicheres Fauchen oder einfach völliges Desinteresse. Für uns wirkt das oft komisch – für Katzen ist es ein Moment der Verwirrung.
Denn was sie da sehen, bewegt sich wie eine Katze, sieht aus wie eine Katze, riecht aber ganz und gar nicht danach. Und genau das macht die Situation so spannend – oder so irritierend.
🐾 Erkennen sich Katzen im Spiegel?
Viele Halter stellen sich die Frage: Erkennt meine Katze, dass sie sich selbst im Spiegel sieht? Die kurze Antwort lautet: Nein – zumindest nicht im wissenschaftlichen Sinn.
Um das zu verstehen, lohnt sich ein Blick auf den sogenannten Spiegeltest.
Was ist der Spiegeltest?
Der Spiegeltest wurde in den 1970er-Jahren vom Verhaltensforscher Gordon Gallup entwickelt. Dabei wird einem Tier unbemerkt ein sichtbarer Fleck (z. B. auf der Stirn) angebracht.
Wird der Fleck später im Spiegel erkannt und gezielt berührt, gilt das als Hinweis auf Selbstwahrnehmung.

Bestehen Katzen den Spiegeltest?
Nein – Katzen bestehen diesen Test nicht. Sie reagieren in der Regel auf das Spiegelbild wie auf ein fremdes Tier oder ignorieren es vollständig.
Auch nach mehreren Versuchen zeigen sie kein Verhalten, das auf ein Erkennen des eigenen Spiegelbilds hinweist.
Aber das ist keine Seltenheit:
Wer besteht den Spiegeltest – und wer nicht?
Hier ein Überblick über ausgewählte Tierarten:
Tierart |
Besteht den Spiegeltest? |
Anmerkung |
---|---|---|
Menschenaffen |
✔️ Ja |
Orang-Utans, Schimpansen, Bonobos, Gorillas |
Delfine |
✔️ Ja |
Reagieren gezielt auf Markierungen |
Elefanten |
✔️ Ja |
Zeigen sich selbst im Spiegel bestimmte Körperstellen |
Krähen / Elstern |
✔️ Teilweise |
Besonders Rabenvögel zeigen Anzeichen von Selbstwahrnehmung |
Hunde |
❌ Nein |
Reagieren meist über Geruch, nicht visuell |
Katzen |
❌ Nein |
Spiegelbild wird meist als „fremde Katze“ interpretiert |
Papageien |
❌ Nein |
Kein eindeutiger Nachweis |
Kaninchen / Meerschweinchen |
❌ Nein |
Keine Hinweise auf Selbstbewusstsein |
Bedeutet das, dass Katzen „dumm“ sind?
Ganz und gar nicht. Der Spiegeltest misst nur eine sehr spezielle Form der Selbstwahrnehmung – und ist stark auf den visuellen Sinn ausgerichtet.
Katzen orientieren sich jedoch vor allem an Gerüchen, Bewegungen und sozialen Signalen. Ein geruchloses Spiegelbild passt nicht in ihr Wahrnehmungsschema – deshalb wird es oft ignoriert oder als etwas „Fremdes“ gedeutet.
Katzen handeln instinktiv – und das ist gut so
Das Verhalten vor dem Spiegel ist also kein Zeichen von Intelligenz oder deren Fehlen.
Katzen reagieren nach Instinkt – wachsam, vorsichtig, neugierig. Und genau das macht ihre Reaktionen auf Spiegel so faszinierend und vielfältig.
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Typische Reaktionen von Katzen am Spiegel

Katzen reagieren sehr unterschiedlich auf Spiegel – je nach Temperament, Alter und Umgebung. Hier sind die häufigsten Verhaltensweisen:
- Ignorieren
Viele Katzen schenken dem Spiegelbild keinerlei Beachtung – vor allem, wenn es sich nicht bewegt oder nicht riecht. Das Bild scheint schlicht bedeutungslos zu sein. - Starren
Manche Katzen beobachten das Spiegelbild minutenlang regungslos. Sie wirken dabei angespannt oder nachdenklich – häufig ein Zeichen von Verunsicherung. - Pfotenhieb oder Kratzen
Besonders junge oder verspielte Katzen versuchen, mit der Pfote gegen das Spiegelbild zu schlagen – oft aus Neugier oder Revierverhalten heraus. - Fauchen oder Knurren
Manche Katzen empfinden das gesichtslose, geruchlose „Gegenüber“ als Bedrohung und reagieren mit typischer Abwehrhaltung – Ohren flach, Kammstellung, fauchend. - Umrunden oder hinter den Spiegel schauen
Ein überraschend häufiges Verhalten: Die Katze versucht herauszufinden, wo sich die vermeintlich „andere Katze“ versteckt – ein Zeichen für Suchverhalten und Raumorientierung. - Miauen oder Schnurren
Einige Katzen miauen das Spiegelbild an oder schnurren sogar. Möglicherweise als soziale Kontaktaufnahme – oder schlicht als Reaktion auf Bewegungen. - Spielverhalten
Vor allem bei Kitten: Das Spiegelbild wird als interaktives Spielzeug gesehen. Hüpfen, tänzeln, neugieriges Beobachten – oft begleitet von hoher Körperspannung. - Schreckreaktion oder Flucht
Eine plötzliche Bewegung im Spiegel kann erschrecken. Die Katze springt zurück oder flieht aus dem Raum. Das zeigt: Sie war sich der „zweiten Katze“ nicht bewusst.
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Warum erkennen Katzen ihr Spiegelbild nicht?
Auch wenn es für uns logisch erscheint, dass eine Katze sich selbst im Spiegel sehen müsste – für die Katze wirkt das Spiegelbild fremd, verwirrend oder bedeutungslos. Die Ursachen dafür sind vor allem in ihrer Wahrnehmung und ihrem Instinktverhalten zu finden.
Katzen verlassen sich kaum auf ihr Sehvermögen
Katzen sind zwar gute Jäger – aber keine „visuellen Denker“. Ihre wichtigsten Sinnesorgane sind:
- Geruchssinn: Entscheidend für die Erkennung von Artgenossen und Reviergrenzen
- Gehör: Besonders empfindlich für Bewegungs- und Beutegeräusche
- Tastsinn (Schnurrhaare): Dient der Orientierung im Raum – nicht dem Erkennen von Gesichtern
Ein Bild ohne Geruch, Klang oder physische Präsenz wirkt deshalb unvollständig und unecht.
Ein Spiegelbild riecht nicht – und bewegt sich spiegelverkehrt
Das Spiegelbild bewegt sich nur als Reaktion auf die Katze – aber es riecht nicht, macht keine Geräusche und interagiert nicht aktiv.
Für viele Katzen ist das ein Widerspruch: Es sieht aus wie eine Katze – aber es fehlt alles, was eine echte Katze ausmacht.
Katzen interpretieren das Spiegelbild als fremdes Tier
Besonders bei jungen oder ängstlichen Katzen ist zu beobachten, dass sie das Spiegelbild als Eindringling ins Revier deuten.
Fauchen, Buckel oder sogar Angriff sind typische Reaktionen – vor allem, wenn die Katze sich bedroht fühlt.
Andere Katzen verlieren schnell das Interesse: Wenn das Gegenüber nicht riecht und nicht reagiert, ist es bald „abgehakt“.
Spiegel gehören nicht zur natürlichen Umwelt der Katze
In der Natur gibt es keine glatten, spiegelnden Flächen, in denen sich Katzen selbst sehen könnten. Der Spiegel ist also ein künstliches Phänomen, das keinen evolutionären Nutzen hat.
Es ist daher nicht verwunderlich, dass Katzen keine kognitive Strategie dafür entwickelt haben.
Muss ich mir Sorgen machen, wenn meine Katze auf den Spiegel reagiert?
In der Regel nicht. Viele Katzen ignorieren Spiegel nach kurzer Zeit – andere bleiben kurz fasziniert oder reagieren mit einem Fauchen. Solange deine Katze nicht gestresst wirkt oder sich dabei verletzt, besteht kein Handlungsbedarf.
Falls sie dauerhaft nervös erscheint oder den Spiegel immer wieder anknurrt, hilft es oft, ihn zeitweise abzudecken oder die Umgebung leicht zu verändern. In den meisten Fällen legt sich das Verhalten von selbst.
Fazit – Katzen und Spiegel: Verwirrung statt Selbsterkenntnis
Spiegel sind für Katzen keine Spiegel – sondern bewegte Bilder ohne Geruch, ohne Geräusch, ohne Bedeutung.
Dass sie sich selbst darin nicht erkennen, ist kein Zeichen mangelnder Intelligenz, sondern einfach Ausdruck ihrer natürlichen Wahrnehmung.
Ob sie das Bild ignorieren, anstarren oder anfauchen – all das ist ganz normales Katzenverhalten.
❓ Häufige Fragen zum Thema
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